Der Football in Deutschland und die Düsseldorf Panther haben einen ihrer wichtigsten Pioniere verloren. Nach langer, schwerer Krankheit ist Walter Rohlfing am 2. Januar im Alter von 63 Jahren verstorben. ‚Rolle‘ Rohlfing gehörte zu den ‚Ur-Panthern‘, dem ersten Düsseldorfer Team im Jahre 1979, und hat in den folgenden mehr als 30 Jahren den deutschen und europäischen Football als Spieler. Spielertrainer und vor allem auch als Trainer und Talententdecker und –Förderer entscheidend geprägt. Neben fünf deutschen Meistertiteln, zwei Worldbowl-Triumphen in der NFL Europe mit Rhein Fire und den Erfolgen mit der deutschen Nationalmannschaft bei den World Games 2005 und den Europameisterschaften 2001 und 2010 freute Walter sich besonders über die (1998 verliehene) Ehrenmitgliedschaft bei den Panthern und die Aufnahme in die deutsche Fans Football Hall of Fame im vergangenen Sommer.
Aus gesundheitlichen Gründen hatte er sich in den vergangenen Jahren weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Was ihn aber nicht daran hinderte, das Geschehen um ‚seine‘ Panther weiter intensiv und in gewohnter Manier stets sachlich, aber auch kritisch zu verfolgen und mit Freunden und Bekannten zu diskutieren. Trotz seiner langwierigen Krankheit traf die Nachricht von seinem Tod die Düsseldorfer und die gesamte deutsche Football-Welt als ein Schock. Die Panther werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Lange Fassung:
Als früherer Leistungsschwimmer wusste ‚KDC‘ (Kleiner dicker Center), wie ihn seine Mitstreiter liebevoll neckten, von Beginn seiner Laufbahn auf dem Gridiron durch viel Einsatzgeist in jeder Trainingseinheit zu überzeugen. Vor allem die vielfältigen Herausforderungen jenseits des Spielfeldes, in Trainings- und Taktikplanungen und Vorbereitung übten eine enorme Faszination auf ihn aus und weckten seine Neugierde und Wissensdurst. Walter, in der Offense Line als Center ohnehin die zentrale Figur, wurde – nicht immer zur Freude seiner Mitspieler und Trainer – zum im positiven Sinne Football-Verrückten. Frei nach Konstantin Wecker war sein Motto: „Genug ist nicht genug, genug kann nie genügen.“
Bezeichnend: Bereits 1982 übernahm Walter das Nachwuchsteam als Coach und führte die Panther Rookies auch prompt zur Meisterschaft. Nach den Lehrjahren mit seinem Mentor Steve Moore avancierte er in der damaligen Bundesliga nach Steves beruflich bedingter Rückkehr in die USA gemeinsam mit Rainer Purwin zum Spielertrainer. Nach dem zweiten Meistertitel 1984 und der Europameisterschaft 1985 mit dem deutschen Team wechselte er ganz an die Seitenlinie und feierte 1986 den dritten Triumph mit seinen Raubkatzen.
Nach vier ‚mageren‘ Jahren, in der die Panther aber weiter zu den vier top-Teams in Deutschland zählten, trat Walter footballerisch ein wenig kürzer und widmete sich Studium und Berufseinstieg. Allerdings: Mit der Gründung der World League of American Football (später NFL Europe) fanden seine Träume vom Einstieg in den Profi-Football Nahrung. Durch beste Kontakte zum damaligen Pressechef der Frankfurt Galaxy war er nicht nur am ersten deutschen Profi-Team als (Trainings- und Spiel-) Beobachter hautnah dran. Sondern auch als fachkundiger Assistenztrainer bei vielen Clinics, Sichtungen und Lehrgängen der NFL von den US-Coaches gefragt. Nur folgerichtig holte Christos Mantzaridis, der ab 1990 den Neuaufbau der Panther als Headcoach eingeleitet hatte, Walter in seinen Trainerstab. Zwei weitere Titel mit den Raubkatzen waren 1992 und ‘94 die fast schon logische Folge – ehe er seinen Profi-Traum wahr machen konnte.
Zur Gründung des WLAF-Teams Rhein Fire in seiner Heimatstadt fiel die Wahl für den Posten des ‚National Coaches‘ fast schon ‚natürlich‘ auf Rohlfing. Einerseits zeichnete er verantwortlich für die Integration der deutschen und europäischen Spieler im Kader, andererseits betreute er alleinverantwortlich die Defensive Line des Teams, das 1998 und 2000 zweimal den World Bowl in die Rhein-Metropole holte. Als er schließlich einsehen musste, dass es für einen deutschen Trainer keinen weiteren Aufstieg Richtung NFL geben konnte, kehrte er in den Amateur-Football zurück. Schon 1987 hatte Walter erstmals auch das Amt als Cheftrainer der Nationalmannschaft übernommen und diese in Finnland zur Vize-Europameisterschaft geführt. 1989 (EM-Dritter) und wieder ab 1997 führte er die Nationalmannschaft als Head Coach. In den 2000er Jahren gehörte er dem Trainerstab des deutschen Teams regelmäßig als Defense-Coach an und hatte gehörigen Anteil an den EM-Titeln 2001 und 2010, dem Gold bei den World Games 2005 in Duisburg und an der WM-Bronze in Japan 2007.
Genug ist nicht genug, das galt für ihn leider auch bei den späteren Stationen. 2000 und 2001 zurück als Panther-Cheftrainer, 2002 bei den Saarland Hurricanes und 2003 bei den Assindia Cardinals ging den Vereinen angesichts von Walters allzu ambitionierten Plänen die Finanzen aus. Ebenso bei den Mönchengladbach Mavericks, die er ab 2008 von der Oberliga bis ins Halbfinale der GFL führte. Auch dort beendeten Geldprobleme seine Erfolgsserien. Zudem wurden in jenen Jahren seine gesundheitlichen Problem immer gravierender, er zog sich zwangsweise zurück. Den Football weltweit hatte Walter aber weiter im Blick und auch immer eine qualifizierte Meinung dazu. Ein kurzer Plausch oder auch eine lange Diskussion mit ihm war immer erfrischend und belebend, denn: So unbarmherzig, fordernd und knallhart der Trainer Rohlfing sein konnte, der Experte Rohlfing war ein charmanter, liebenswerter Mensch, der vor Kritik nie zurückschreckte, aber dabei nie verletzend, sondern stets offen und freundlich war.
Nachdem er den Aufstieg seiner Panther im Jubiläumsjahr noch des öfteren vor Ort im Panther-Gehege verfolgt hatte, musste er im vergangen Jahr die Spiele am heimischen PC verfolgen. Selbst zur offiziellen Einführung in die Hall of Fame konnte er nicht mehr persönlich erscheinen. Trotzdem sitzt der Schock über den allzu frühen Verlust eine guten Freundes tief. Als Trost möchten wir abschließend aus ‚football-aktuell‘ zitieren: „Die Spieler, die mit ihm den ganzen Weg gingen, waren danach immer bessere Spieler als zuvor – und wahrscheinlich auch bessere Menschen, denn ein besseres Vorbild oder einen besseren Mentor als Walter Rohlfing konnten sie sich nicht wünschen.“